Vor allem Erwachsene leiden unter Übermpfindlichkeiten an den Zahnhälsen. Eine neue europäische Studie zeigt: Eine einmalige Anwendung einer Prophylaxezahnpaste mit 8 % Arginin und Calciumcarbonat kombiniert mit anschließender häuslicher Verwendung einer zugehörigen Zahnpaste verringert Zahnhypersensitivitäten.
Arginin in Kombination mit Calciumcarbonat gilt als neue bahnbrechende Technologie zur Behandlung von Zahnhypersensitivitäten. Menschlicher Speichel enthält natürlicherweise sowohl Arginin als auch Calciumcarbonat. Kombiniert mit Calciumcarbonat und Phosphat bildet das positiv geladene Glykoprotein Arginin Ablagerungen auf negativ geladenen freiliegenden Dentinoberflächen, die offene Dentintubuli verschließen und den Flüssigkeitsfluss in den Tubuli mechanisch blockieren. Das verbessert den natürlichen Prozess des Verstopfens exponierter Dentintubuli. Im Jahr 2015 wurde in einer klinischen Studie nachgewiesen, dass sich Zahnhypersensitivitäten rasch und deutlich lindern lassen, wenn Patienten zweimal täglich eine Arginin/Calciumcarbonat-haltige Zahnpaste anwenden (1). Arginin/Calciumcarbonat wird auch in Prophylaxepasten im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung eingesetzt.
Professionelle und häusliche Anwendung sinnvoll
In einer neuen randomisierten Studie wurde nun untersucht, ob sich eine duale professionelle und häusliche Anwendung dieser Präparate lindernd auf Zahnhypersensitivitäten auswirkt (2). In drei europäischen Studienzentren nahmen 297 Personen mit etablierten Zahnhypersensitivitäten an der Studie teil. Die Probanden der Testgruppe wurden in der Zahnarztpraxis einmal mit einer 8 % Arginin- und Calciumcarbonat-Prophylaxepaste behandelt und verwendeten zu Hause die zugehörige Zahnpaste. In der Kontrollgruppe kamen eine fluoridfreie Prophylaxepaste sowie eine Natriummonoflourophosphat-Zahnpaste zum Einsatz. Die Zahnempfindlichkeit wurde mittels Reizung des Zahnes durch einen zahnärztlichen Luftbläser-Test (Schiff Cold Air Sensitivity Score) zu Beginn (BL_0), nach Anwendung der Prophylaxepaste (BL_1) sowie nach 4, 8 und 24 Wochen häuslicher Zahnpflege ermittelt.
Ingesamt beendeten 273 Probanden die Studie. In beiden Behandlungsgruppen verringerte sich der Schiff-Score bereits nach Anwendung der jeweiligen Prophylaxepaste statistisch signifikant (Test: 23,6 %, Kontrolle: 8,8 %). Bei allen Bewertungsterminen ergab sich in der Testgruppe eine signifikant höhere Linderung der Hypersensitivitäten als in der Kontrollgruppe. Nach 24 Wochen lag die Reduktion im Vergleich zu BL_0 in der Testgruppe bei 44,9 % und in der Kontrollgruppe bei 32,7 %. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine einmalige Anwendung einer 8 % Arginin- und Calciumcarbonat-Prophylaxepaste mit anschließender häuslicher zugehöriger Zahnpflege Zahnhypersensitivitäten deutlicher lindert als andere Präparate.
Scharfer Schmerz als Reaktion auf Reize
Hypersensitivitäten äußern sich als ein kurzer scharfer Schmerz als Reaktion auf thermische, taktile oder chemische Reize. In der Regel ist an den betroffenen Zähnen im Bereich des Zahnhalses das Dentin in Folge von Abrasion, Abfraktion oder Erosion exponiert und nicht mehr von Schmelz oder Zement bedeckt. Häufig liegen zudem Gingivarezessionen vor, die als prädisponierende Faktoren den Verlust der Zahnhartsubstanz in diesem Bereich beschleunigen. Zahnhypersensitivitäten können auch verstärkt nach chirurgischer, aber auch nach nicht-chirurgischer Parodontaltherapie auftreten, da es dabei häufig zur Exposition von Teilen der Wurzeloberflächen kommt.
Bis heute liefert die „hydrodynamische Theorie“ von Brannström die plausibelste und am weitesten akzeptierte Erklärung des physio-pathologischen Mechanismus: In den freigelegten Dentintubuli können äußere Irritationen wie Kälte, Wärme, Berührung oder osmotisch-chemische Reize eine Bewegung des Dentinliquors in den Dentintubuli nach außen und/oder nach innen induzieren. Das aktiviert Pulpa-Barozeptoren und löst Schmerzen aus.In den vergangenen 50 Jahren wurden viele Behandlungsmittel und -methoden auf den Markt gebracht, vor allem spezielle Zahnpasten für den häuslichen Gebrauch. Nachgewiesen werden konnte dabei die klinische Wirksamkeit von Zahnpasten mit Zinn(II)-fluorid, Arginin, Calcium-Natrium-Phosphosilikat und Strontium. Jedoch konnte sich keine dieser Behandlungsoptionen als Goldstandard etablieren.
Prof. Thomas Attin, Universität Zürich
Literatur:
- West NX, Seong J, Davies M (2015)
Management of dentine hypersensitivity: efficacy of professionally and self-administered agents.
J Clin Periodontol 42 Suppl 16:S256–302. - Hirsiger C, Schmidlin PR, Michaelis M, Hirsch C, Attin T, Heumann C, Doméjean S, Gernhardt CR (2019) Efficacy of 8% arginine on dentin hypersensitivity: A multicenter clinical trial in 273 patients over 24 weeks.
J Dent 83:1-6