Immer mehr Kinder leiden unter Zahnschmelzdefekten mit verfärbten und porös wirkenden oder gar bröselnden Molaren. Manchmal sind sogar die Schneidezähne betroffen. Es handelt sich dabei um die „Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation“, kurz MIH genannt. Und bereits im Milchgebiss kommen „Kreidezähne“ vor, wie sie im Volksmund heißen.
Die MIH ist definiert als eine systemisch bedingte Hypomineralisation von ein bis vier bleibenden ersten Molaren mit oder ohne Beteiligung der Inzisiven (1) (Abb. 1). Die betroffenen Zähne zeigen gelblich-weiße bis braune Verfärbungen in einzelnen Bereichen des Zahnes oder am ganzen Zahn. Je größer und dunkler die verfärbten Stellen sind, desto weicher ist der Schmelz und desto eher zerbröckeln und zerbröseln die Zähne – egal, ob sie gut geputzt werden oder nicht.
Aber auch im Milchgebiss werden zunehmend qualitative Schmelzveränderungen beobachtet, vornehmlich an den zweiten Milchmolaren (Abb. 2). Gesprochen wird hier von der „Milchmolaren-Hypomineralisation“ (MMH) (2), im angloamerikanischen Sprachraum als „Hypomineralized Second Primary Molars“ (HSPM) oder „Deciduous Molar Hypomineralisation“ (DMH) betitelt. Auch diese Strukturstörung erfordert eine frühzeitige Diagnostik und Therapie.
Wie sieht eine MMH aus?
Die charakteristischen Merkmale der MMH sind die gleichen wie bei der MIH: Opazitäten, die von weiß über gelb nach braun variieren können, posteruptive Schmelzeinbrüche, atypische Restaurationen und/oder ausgedehnte Karies mit Opazitäten an den Rändern und Überempfindlichkeiten (3). Opazitäten gelten dabei wie bei der MIH als milde Form und atypische Extraktionen als die schwerste Variante. Die Milchmolaren-Hypomineralisation kann, muss aber nicht mit einer MIH im bleibenden Gebiss kombiniert sein.
Wie häufig kommt eine MMH vor?
Informationen zum Milchgebiss sind spärlich. Viele epidemiologische Studien fokussieren auf die Prävalenz der Schmelzhypoplasie und nicht die der Hypomineralisation. Die Prävalenz der Hypomineralisationsstörung im Milchgebiss wird in internationalen Studien auf ca. 5 Prozent beziffert (3), wobei Werte zwischen 0 und 21,8 Prozent zu finden sind.
Wie lässt sich eine MMH therapieren?
Die Behandlung orientiert sich am Ausmaß der Hypomineralisation. Zur restaurativen Versorgung können verschiedene Füllungsmaterialen verwendet werden. Für die erste Abdeckung zur Reduktion der Hypersensibilitäten und zur Prävention des eventuellen weiteren Zerfalls eignet sich Glasionomerzement. Oberflächliche und nicht sekundär kariöse Läsionen können nach einer Reinigung mit adhäsiven Techniken (zum Beispiel Kompomerfüllungen) versorgt werden. Bei sehr ausgedehnten Defekten und tief kariös zerstörten Zahnkronen bieten Stahlkronen einen guten Schutz vor weiterem Verlust der Zahnhartsubstanz. Das hat sich in der Praxis auch bei kariösen Milchmolaren mit mehrflächigen Läsionen bewährt.
Prof. Katrin Bekes, Medizinische Universität Wien
Literatur
- Weerheijm KL, Jalevik B, Alaluusua S: Molar-incisor hypomineralisation. Caries Res 2001;35:390–391
- Elfrink ME, Ghanim A, Manton DJ, Weerheijm KL: Standardised studies on Molar Incisor Hypomineralisation (MIH) and Hypomineralised Second Primary Molars (HSPM): a need. Eur Arch Paediatr Dent 2015;6:247–255
- Elfrink ME, Schuller AA, Weerheijm KL, Veerkamp JS. Hypomineralized second primary molars: prevalence data in Dutch 5-year-olds. Caries Res 2008;42:282–285
- Negre-Barber A, Montiel-Company JM, Boronat-Catalá M, Catalá-Pizarro M, Almerich-Silla JM: Hypomineralized Second Primary Molars as Predictor of Molar Incisor Hypomineralization. Sci Rep 2016;6:319–329