Zahnschmerzen gehören zu den unangenehmsten Schmerzen, die es gibt. Sie können ein erstes Anzeichen dafür sein, dass der Zahn entzündet ist oder eine Behandlung erfordert. Eine Studie der Universitätszahnklinik Wien hat nun gezeigt, dass akute Zahnschmerzen auch die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern beeinflussen.
Das Kind als Schmerzpatient fordert Zahnärztinnen und Zahnärzte täglich erneut heraus. Haben Kinder Zahnschmerzen, sind sie oft ängstlicher – das schränkt ihre Kooperationsfähigkeit während der Behandlung ein. Die Ursachen für Zahnschmerzen können mannigfaltig sein. Zu den Hauptgründen zählt immer noch die frühkindliche Karies (Early Childhood Caries; ECC). Sie stellt nach der jüngsten Erhebung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege mit einer Prävalenz von rund 15 Prozent nach wie vor ein wesentliches Problem in der Zahnmedizin dar (1). Das bedeutet: Ungefähr jedes siebte Kind im Alter von drei Jahren weist bereits Karies auf. Im Durchschnitt sind fast vier Zähne betroffen, knapp drei Viertel dieser Zähne sind nicht versorgt (2).
Eine Forschungsgruppe der Universitätszahnklinik Wien hat nun belegt, dass Kinder mit Zahnschmerzen im Vergleich zu Kindern ohne Schmerzen noch ein weiteres Problem aufweisen: Ihre Lebensqualität ist reduziert (2). Im Bereich der Zahnmedizin hat sich diesbezüglich der Begriff der „mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität“ (MLQ) etabliert. Er beschreibt, wie der Patient oder die Patientin die eigene Mundgesundheit empfindet, und zeigt folglich ihre subjektive Seite. Die MLQ lässt sich mittels Fragebögen messen. Für Kleinkinder hat sich die sogenannte Early Childhood Oral Health Impact Scale (ECOHIS) mit ihren 13 Fragen als verlässlich erwiesen. Die Eltern beziehungsweise die Erziehungsberechtigten füllen den Fragebogen aus (3).
Häufigste Diagnose bei Zahnschmerzen: Karies
Die Wiener Forschenden untersuchten 259 Kinder zwischen 0 bis 6 Jahren, die sich mit ihren Eltern in der Schmerzambulanz des Fachbereichs Kinderzahnheilkunde der Universitätszahnklinik Wien vorstellten. Rund 45 Prozent der Kinder waren Mädchen. Ergänzt wurde diese Patientengruppe um eine Kontrollgruppe mit genau so vielen Kindern unter 6 Jahren ohne Schmerzen. Die Eltern dieser Kinder hatten Kontrolluntersuchungen in der Abteilung vereinbart. Die Eltern aller Kinder füllten die deutsche Version der Early Childhood Oral Impact Scale (ECOHIS-G) aus. Zudem wurden die Kinder klinisch untersucht.
Der häufigste Grund, warum die Kinder in die Schmerzambulanz kamen, war Karies (30,5 Prozent) oder deren Folgen wie Schwellungen und Fisteln, apikale Parodontitis oder irreversible Pulpitis (37,8 Prozent). Die zweithäufigste Diagnose war ein Frontzahntrauma (21,2 Prozent). Kinder, die in den Schmerzdienst kamen, wiesen im Durchschnitt einen Kariesindex von 6,2 bei 13 befallenen Flächen auf. In der Kontrollgruppe lag dieser Wert nur bei 3,9 und die Hälfte der Kinder hatte keine Karies. Bei der MLQ zeigten Kinder mit akuten Zahnschmerzen einen signifikant höheren Summenwert im Fragebogen als Kinder ohne Zahnschmerzen (9,0 vs. 4,9). Die Eltern berichteten folglich über mehr Probleme. Dieser Trend zeigte sich auch in den Unterkategorien: Den höchsten Wert erreichten die Fragen „Schmerzen“ und „Schwierigkeiten beim Essen und Trinken“. Weiterhin bewerteten Eltern von Kindern mit Zahnschmerzen die allgemeine Mundgesundheit und die Allgemeingesundheit durchschnittlich schlechter als Eltern von Kindern, die regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen kamen und keine Schmerzen hatten.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der häufigste Vorstellungsgrund im Schmerzdienst nach wie vor die unbehandelte Karies ist. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, Kleinkinder stärker in die zahnmedizinische Prävention einzubinden. So ließe sich insbesondere das Auftreten einer frühkindlichen Karies und deren Folgen vermeiden.
Prof. Dr. Katrin Bekes, Medizinische Universität Wien
Literatur
- Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege: Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2016. Bonn 2017.
- Lembacher S, Hofer V, Bekes K. The impact of dental pain on the oral health related quality of life (OHRQoL) of preschool children in Austria. Submitted.
- Bekes K, Omara M, Safar S, Stamm T. The German version of Early Childhood Oral Health Impact Scale (ECOHIS-G): translation, reliability, and validity. Clin Oral Investig 2019; 23(12): 4449-4454.