Die präventionsorientierte Zahnmedizin der vergangenen Jahrzehnte zeigt Wirkung: Bei immer mehr Patienten können heute die eigenen Zähne bis ins hohe Lebensalter erhalten werden. Das steigert die Lebensqualität und wirkt sich positiv auf die Ernährung und allgemeine Gesundheit aus. Doch im Alter steigt bei vielen Patienten das Kariesrisiko.
Bei Senioren liegen häufig die Zahnhälse frei, die wesentlich anfälliger gegenüber Karies sind als der darüberliegende Zahnschmelz. Auch sind diese Bereiche deutlich schwieriger zu reinigen als die Zahnkronen – zumal im Alter die manuelle Geschicklichkeit vieler Patienten und damit die Fähigkeit, die Zähne sauber zu halten, abnimmt. Ein weiterer Risikofaktor ist eine altersbedingt abnehmende Speichelproduktion, die durch viele Medikamente noch verstärkt wird. Während Karies bei Kindern und Jugendlichen seit vielen Jahren rückläufig ist, nimmt Wurzelkaries bei Senioren zu. Viele therapeutische Ansätze, die in der Kinderzahnheilkunde erfolgreich sind, lassen sich jedoch in Teilen auf die Therapie von Senioren übertragen.
Ein solcher therapeutischer Ansatz ist Silberdiaminfluorid (SDF). Das Medikament wird in der Kinderzahnheilkunde schon seit Langem zur Arretierung von frühkindlicher Karies erfolgreich eingesetzt. Aber auch Wurzelkaries lässt sich mit SDF behandeln. Neben dem in sehr hoher Konzentration enthaltenen Fluorid sind vor allem die antibakteriellen Silberionen für eine kariostatische Wirkung des SDF verantwortlich. Ein Nachteil der Anwendung von SDF ist, dass sich die behandelten Zahnbereiche schwarz färben. Das gilt auch für Weichgewebe, Textilien und Oberflächen, die mit der Substanz in Berührung kommen. Da Wurzelkaries aber zumeist in eher unzugänglichen und daher kaum einsehbaren Bereichen der Mundhöhle entsteht, ist dies bei der Anwendung in der Alterszahnheilkunde selten ein Problem.
Derzeit ist SDF in Deutschland nur für die Behandlung von Zahnüberempfindlichkeiten zugelassen. Die Behandlung von Karies erfolgt daher „off-label“. Die Ergebnisse klinischer Studien zeigen jedoch, dass SDF ein wirksames Mittel für die non-invasive Therapie von Wurzelkaries ist.
Prof. Dr. Sebastian Paris, Charité Berlin